Große Klappe und nichts dahinter... ABGESCHLOSSEN

Es hatte leicht angefangen zu regnen. Doch Shinji nahm es unter dem großen Kirschbaum nicht so ganz wahr. Seine Gedanken waren auch gänzlich woanders. Er betastete kurz vorsichtig seine Unterlippe. Sie brannte.
Warum nur war er auf die glorreiche Idee gekommen daß es gut wäre Masao direkt zu beleidigen als er ihm kurz vorm Abendessen über den Weg lief.
Vermutlich weil der Frust vom Mittag noch zu tief in ihm drin steckte.
Nur ganz kurz fragte er sich dabei was Masao eigentlich in der Nähe der Bibliothek zu suchen gehabt hatte? Dann verzog r erneut sein Gesicht vor Schmerz. Masao war nicht zimperlich gewesen. Ein einziger Schlag ins Gesicht hatte ausgereicht um Shinji eine aufgeplatzte Lippe und eine Platzwunde an der Schläfe zu bescheren. Aber damit hatte sich der Student nicht zufrieden gegeben. Shinjis rechte Seite und auch sein Fuß taten weh von noch zwei weiteren Fausthieben und einem Tritt.
Er ballte seine Hand zur Faust.
'Na warte du Mistkerl! Rache ist Blutwurst! ....Du wirst fürchterlich zu leiden haben! wilde Ideen schoßen dem jungen Gymnasiasten durch den Kopf und in seinen Augen lag ein unheimliches Glühen.
Dann versuchte er sich auf der Bank etwas gemütlicher hin zu setzen und zuckte dabei vor Schmerz zusammen und begann leicht zu jammern. Seine Brüder waren nie so brutal gewesen...

Kaito joggte noch etwas durch den Park. Es war leer und still hier. Die meisten hatten sich nach drinnen verzogen als es angefangen hatte zu regnen. Aber das bisschen Regen…

Plötzlich stutzte er. Da saß doch jemand. Und dieser jemand sah verdächtig schief in seiner Haltung aus… und kam ihm verdächtig bekannt vor.

Er blieb etwas entfernt stehen und beobachtete erst mal. Masao war heute mit ungewöhnlich guter Laune beim Abendessen aufgetaucht. Etwas, das Kaito misstrauisch gemacht hatte.
Jetzt wusste er wohl, was der Grund dafür gewesen war, bzw. besser gesagt, wer.
Kaito knurrte gedanklich. Da hatte er schon versucht den Kleinen aus der Schusslinie zu halten und der schaffte es immer noch sich mit Masao anzulegen. Dann waren etwaige, sehr wahrscheinliche, nein, eher sichere, Verletzungen auch verdient…

langsam trat er näher.

„Was hat dich denn hier her verschlagen?“
Hatte beschlossen, des demolierten Zustand des Schülers erstmal nicht anzusprechen

Er versuchte erneut eine bequemere Position auf der Bank zu finden was sich als eindeutig unlösbare Aufgabe herausstellte. Bei jeder seiner Bewegungen tat ein anderer Knochen oder Muskel weh und jedesmal musste er unterdrückt aufstöhnen. 'VERDAMMT! VERDAMMT! VERDAMMT!' fluchte er innerlich vor sich hin.
Dann hielt er mit einem mal inne. Er hatte etwas gehört.
Seine Augen wurden zu leichten Schlitzen als er erkannte wer da des Weges kam. Schnell schaute er sich um ob nicht nur Kaito da war sondern auch sein dämlicher Freund Masao. Und er atmete erleichtert auf als er bemerkte das es wirklich nur Kaito war.
"Also Verschlagen ist, glaube ich, dass falsche Wort dafür...
Ich genieße das herrliche Wetter..." sein Ton klang dabei eindeutig sarkastisch und er brachte mit viel Mühe und Stöhnen seine Beine auf der Bank in eine Schneidersitzposition. Auch nicht gerade schmerzfreier wie vorher aber eindeutig besser als wenn er gleich vor Schmerzen von der Bank gefallen wäre. In der Position saß er zumindest stabil da.
"Und was willst du hier? Habt ihr um diese Zeit nicht eigentlich immer irgendwo Gemeinschaftstraining?"

Stirnrunzelnd beobachtete Kaito den Jüngeren. Der schien erstmal nach jemand anderen Ausschau zu halten und dann erleichtert zu reagieren. Tja, wen der Schüler da suchte, das war ja nicht schwer zu erraten. Aber Masao hatte den Kleinen offensichtlich auch ziemlich erwischt. Kaito wusste selbst aus Erfahrung, wie Masao sein konnte. Dumm nur, dass er dem Anderen mittlerweile in der ein oder anderen Disziplin nicht mehr nur ebenbürtig geworden war.

Er nickte nur leicht, als Zeichen, dass er verstand und setzte sich einfach mal neben Shinji. Ob der Schüler da sehr begeistert war oder nicht… Zumal der ohnehin gerade mehr damit beschäftigt war eine bequeme Sitzhaltung zu finden.

Kaito schüttelte nur leicht den Kopf, als er das beobachtete.
„Eigentlich etwas joggen und ja, aber das fällt heute aus.“ Er zuckte mit den Schultern und musterte Shinji mit festem Blick. Besah sich v.a. die aufgeplatzte Lippe und die Platzwunde. Das musste versorgt werden und wer wusste schon was der Jüngere noch für Verletzungen hatte.
"Wo hat er dich außer im Gesicht noch erwischt?"

Shinji war mehr als nur ein wenig irritiert als sich Kaito zu ihm setzte und versteifte sich unwillkürlich. Was ihm wieder einen Schmerzenslaut entlockte und er sich an die Rippen fasste.
Verdammt....
Eigentlich hatte er vorgehabt zu warten bis in seinem Wohnhaus alle schliefen und wollte dann ungesehen in sein Zimmer huschen. Aber das würde jetzt, da der ältere ihn entdeckt hatte wohl nicht mehr gehen. Er seufzte.
Dann sah er direkt zu ihm rüber. "Es geht schon.... Ehrlich..." unbewusst Strich er sich über die aufgeplatzte Wunde an der Schläfe und zuckte dabei aber mehr als deutlich zusammen. An der Stelle hatte sich die umliegende Haut bereits zu einem blauen Fleck verfärbt und man könnte auch eine ordentliche Beule erkennen.
Warum auch nur musste eine Wand im Weg sein als Masao ihm die Ohrfeige verpasste gegen die er durch den heftigen Schwung gegengeknallt war.
Shinji schloss kurz die Augen. Heute war eindeutig nicht sein Tag...
Sollte er dem älteren auch noch verraten das auch sein Fuß mittlerweile so dick war das er am liebsten den Schuh ausgezogen hätte? Von den Rippen wusste er ja schon durch seine unbewusste Bewegung vorher. Doch irgendwie traute er ihm noch nicht so ganz. Also verschwieg er die letzte Verletzung noch. In der Hoffnung das er solange hier sitzen bleiben konnte bis der andere weg war und deshalb sein humpeln nicht bemerkt werden würde.

Shinjis Irritation ignorierend wurde Kaitos Blick immer forschender. Gut, damit hatten sie schon mal die offensichtlichen Verletzungen am Kopf und die Rippen waren auch bestätigt, da blieb nur die Frage wie sehr. Aber das würde er auch noch herausbekommen.

Kaito nickte nur langsam und sah Shinji schweigend an. Er konnte bereits sehen, dass sich ein blauer Fleck gebildet hatte, der schon bald wohl noch dicker werden würde. Die Beule ebenso…
"Klar, und ich bin ein Bücherwurm."

Dass er keine Antwort, keine wahre jedenfalls, auf seine Frage erhalten hatte wunderte ihn nicht. Was sollte er auch anderes erwarten. Der Junge hatte von Sport keine Ahnung.

Er stand auf. „Soll ich dich mitnehmen oder begleitest du mich von selbst. Wir gehen in mein Zimmer, da habe ich ein paar Sachen, die dir gegen die Hämatome und die Beule helfen und deine Rippen schau ich mir noch an.“ Abwartend musterte er den Jüngeren, dass der nicht begeistert sein würde, das war ihm klar.
„Alternativ lade ich dich auf der Krankenstation ab, wenn dir das lieber ist, aber glaub mir, dann wird morgen die ganze Schule darüber sprechen.“, gab er ihm noch trocken zu verstehen.

Er musste losprusten als Kaito die Behauptung aufstellte er wäre ein Bücherwurm. Und sofort bekam er wieder einen Schmerzschub an seinen Rippen und auch die Wunde an der Lippe riss erneut auf.
So ein Mist...
Schnell beruhigte er sich wieder und atmete ein paar mal tief ein und aus.
"Okay... nicht lachen... das tut echt weh..."
Shinji riss sich zusammen und versteifte sich dann aber fast sofort wieder.
Er glaubte nicht richtig zu hören. Kaito wollte sich allen Ernstes seine Wunden ansehen und sie auch noch verarzten?
Alternative wäre wirklich die Krankenstation. Aber allein der Gedanke an den Geruch nach Desinfektionsmitteln dort verursachte ihm Übelkeit und er presste kurz die Lippen aufeinander. Da würde er auf gar keinen Fall hingehen. Aber dafür mit zu Kaito? Na er wusste ja nicht so recht.
"Kann ich nicht einfach hier ein wenig warten bis es wieder geht? Das dauert bestimmt nicht mehr lange..." zudem würde Kaito dann auch nicht bemerken das sein Fuß auch was abbekommen hatte.

Kaito unterdrückte ein Grinsen während er den Jüngeren beobachtete. Der begann dann zu husten. Besorgt sah er ihn an und wartet auf Shinjis Antwort. Diesmal würde er ihn sich nicht einfach herausreden oder das Thema wechseln lassen. Und er sollte sich möglichst schnell entscheiden, oder er würde die Entscheidung für Shinji fällen.

Er schüttelte den Kopf. „Nein, kannst du nicht. Denn das muss angeschaut und behandelt werden. Also vergiss das ganz schnell wieder.“

Shinji biss die Zähne zusammen. Aus dieser Sache hier würde er so einfach nicht raus kommen. Kurz schloss er die Augen und blickte danach Kaito an.
"Ich kann Krankenstationen und Krankenhäuser und alle die damit zu tun haben nicht ausstehen. Dort riecht es immer so extrem chemisch....
Und da du scheinbar darauf bestehst das die Verletzungen angesehen werden müssen komme ich wohl lieber mit zu dir...
Aber es darf niemand davon erfahren!" in den letzten Satz legte er sehr viel Energie. Dann entknotete er seine Beine und setzte die Füße auf den Boden ab. Aufstehen tat er aber noch nicht. Insgeheim hatte er doch ein wenig Angst davor seinen Fuß zu belasten. Er atmete einmal tief ein und drückte sich mit den Händen dann von der Bank hoch. ... Und verlor prompt sein Gleichgewicht als er seinen verletzten Fuß belastete.

Kaito ließ Shinji nachdenken. Es war offensichtlich, dass der Junge im Zwiespalt war, aber darauf nahm er nur wenig Rücksicht. Er wusste was er wollte und hatte schon darauf gebaut gehabt, dass der Andere nicht gerne auf die Krankenstation wollte.

Als der Schüler dann auch antwortete nickte Kaito verstehend. Seine Zufriedenheit, dass der Plan auch so verlief, wie er gehofft hatte versteckte er gekonnte.
„Das kann ich verstehen, aber ja, ich bestehe darauf.“

Er lächelte leicht. „Wird keiner, ich weiß einen Weg, mit dem wir unbemerkt reinkommen. Also los.“ Er bemerkte wie vorsichtig und zögerlich Shinji auf dem Boden aufsetzte.

Ok, der Fuß schien auch betroffen zu sein. Gedanklich seufzte er. Masao hatte mal wieder eine gründliche Arbeit abgeliefert.

Schnell griff er zu als der Jüngere zu stürzen drohte. „Vorsicht, Kleiner.“ Zum Glück war es nicht allzu weit von diesem Platz zu seinem Zimmer und so führte er ihn behutsam stützend eine der Feuertreppen hinauf, die direkt neben seinem Zimmer endete.